Die Kartenorganisationen Visa und Mastercard werden in der Schweiz von mehreren Handels- und Tourismusunternehmen auf Schadenersatz verklagt. Coop, TUI Suisse, Dertour Suisse, der Tankstellenbetreiber Volenergy, zwei Fluggesellschaften und der „Verband für einen fairen und freien Wettbewerb im Zahlungsverkehr“ (VWZ), der nach eigenen Angaben 24 kleine und mittelgroße Händler vertritt, haben gemeinsam eine Sammelklage eingereicht. Die Kläger fordern von den Kartenorganisationen 142 Mio. Franken (CHF; 152 Mio. Euro) wegen überhöhter Transaktionsgebühren in den vergangenen drei Jahren. „Ausgerechnet die Schweizer“, mag mancher Händler denken, der in Europa deutlich höhere Interchange Fee-Sätze berappen muss.
Off topic: Hinter dieser kryptischen Werbung steckt Paypal – nicht Wero.
Die Schweizer Wettbewerbsbehörde (Weko) hat die Interchange Fees für Mastercard Debitkarten auf 0,12 Prozent bei inländischen POS-Transaktionen abgesenkt („einvernehmlich“). Bei Transaktionen über 300 Franken werden die Interbankenentgelte zusätzlich auf 30 Rappen gedeckelt. Damit liegt die durchschnittliche Interchange Fee für Mastercard Debit laut Weko künftig bei 0,1 Prozent.
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Die Geschichte der Kartenzahlung im deutschen Einzelhandel ist nicht die Geschichte von Klassenkämpfen, sondern ein dauerhafter Konkurrenzkampf zwischen dem elektronischen Lastschriftverfahren (ELV) und dem EC-Cash-(heute: Girocard-)Verfahren der deutschen Kreditwirtschaft. Im Folgenden versuche ich, eine kleine und hoffentlich kurzweilige Historie dieser Auseinandersetzung zwischen Handel und Banken wiederzugeben – ohne Anspruch auf letzte Wahrheiten oder Vollständigkeit.
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Am Kammergericht Berlin beginnen ab Montag die „Girocard-Wochen“. Das Landgericht Berlin verhandelt vom 7. November bis zum 2. Dezember im altehrwürdigen Gebäude des Kammergerichts insgesamt zwölf Kartellschadensklagen gegen die vier Spitzenverbände der deutschen Kreditwirtschaft. Es geht um Schadenersatzforderungen in Höhe von insgesamt rund 150 Mio. Euro wegen angeblich kartellbedingt überhöhter Girocard-Gebühren im Zeitraum von 2004 bis 2014. Zu den Klägern gehören unter anderen Rossmann, Deichmann, Norma, die Deutsche Bahn, die Deutsche Post und eine ganze Reihe von Mineralölunternehmen.
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Drogerie Müller startet „Müller Pay“ – powered by Bluecode (Foto: Müller/Bluecode)
Der Drogeriemarktbetreiber Müller startet heute mit „Müller Pay“. Das Ulmer Unternehmen erweitert die Funktionalitäten seiner Händler-App mit dem Bluecode-Zahlverfahren. Bluecode wird seit 2017 auch schon von Globus und seit Anfang 2021 von Rossmann akzeptiert. Müller ist jedoch der erste Händler in Deutschland, der das Verfahren in der eigenen App integriert. In Österreich ist Bluecode mit den Rewe-Vertriebslinien und dem Multipartner-Programm „Jö“ schon weiter. Für Händler hat die Zahlungslösung durchaus Charme – und Bluecode hat eine europäische Perspektive.
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In einem Gastbeitrag erläutert Dr. Hugo Godschalk, Geschäftsführer der Unternehmensberatung PaySys, warum der digitale Euro eine demokratische Legitimation benötigt. Zudem analysiert der Payment-Experte, welche Haltung die Parteien in ihren Wahlprogrammen zum eEuro, zu Kryptowährungen und zum Bargeld beziehen.
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Will nichts gewusst haben: Ex-Wirecard-Vorstandschef Dr. Markus Braun als Zeuge vor dem Wirecard-Untersuchungsausschuss. (Foto: Bundestag / Simone M. Neumann)
Seit mehr als 15 Jahren beobachte ich die Payment-Welt mal aus der Nähe, mal aus der Distanz und schreibe hin und wieder etwas dazu. Über die Wirecard AG habe ich noch nie einen Satz geschrieben, nur einen Tweet im Jahr 2019, als Wirecard Kreditkarten-Acquirer von Aldi wurde.
Natürlich habe ich das Buch „Bad Company“ des ehemaligen Wirecard-Managers Jörg Leogrande verschlungen und natürlich habe ich mir die Podcasts von PaymentandBanking zu Wirecard angehört und lese zig Artikel zum Untersuchungsausschuss des Bundestages. Man will doch endlich erfahren, wie das funktionieren konnte – vom Schmutzfinken der Branche zum Dax-Konzern und zurück. Meine Zwischenbilanz zum Wirecard-Wahnsinn lautet allerdings wie die des FDP-Abgeordneten Dr. Florian Toncar im jüngsten FinTech-Podcast: „Dafür habe ich noch keine Erklärung“. Es sind noch viele Fragen offen.
Ein paar persönliche Bemerkungen zum Buch, zum Ausschuss und zur Wirecard AG.
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Die Europäische Zentralbank sollte das Projekt des “digitalen Euro” schleunigst als europäisches Identifikations- und Unabhängigkeitsprojekt vorantreiben.
Die neue Retail Payments Strategy der EU steht im Zentrum des Zahlungsverkehrsforums von ibi research am 10. März. Hochkarätige Payment-Experten referieren und diskutieren auf der ganztätigen, virtuellen Veranstaltung über die Zukunft des Massenzahlungsverkehrs in der EU. Braucht Europa ein „pan-europäisches Zahlverfahren“ und/oder eine digitale Währung? Quo vadis EPI, Instant Payments und Request to Pay? Vertreter aus Politik, Verbraucherschutz, Finanzwirtschaft, Handel und Aufsicht berichten aus ihrer Sicht über die aktuellen Entwicklungen und schätzen die strategischen Auswirkungen ein, darunter der Europaabgeordnete Markus Ferber (CSU), Dr. Felix Strassmair-Reinshagen (BaFin), Gerhard Bystricky (UniCredit) und viele mehr. Meine Wenigkeit wird das Vergnügen haben mit Martina Weimert (EPI Interim Company), Dr. Jürgen Schaaf (EZB), Ulrich Binnebößel (HDE) und Dr. Ernst Stahl (ibi) über die Retail Payments Strategy der EU zu diskutieren. Hier geht´s zur Anmeldung zum ibi-Zahlungsverkehrsforum.
Wenn der Gatekeeper sagt: „Du kommst hier nicht rein“ (Foto: Apple)
Am 1. Februar hat Apple ein Update seiner „App Store Review Guideline“ veröffentlicht und damit für Verunsicherung bei Betreibern von Finanz-Apps und munteren Diskussionen in der Payment-Blase gesorgt. Was will Apple mit dem neuen Paragraph 3.2.1. VIII bezwecken? Ist die Neuregelung eine hektische Reaktion auf die GameStop-Spekulationen bei Neo-Brokern, ein von langer Hand geplanter Angriff auf Multibanking- und Money-Management-Apps oder nur eine missverständliche Klarstellung?
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Nach Ansicht des Handels, aber auch nach Auffassungen von Teilen der deutschen Bankenlandschaft müsste die IF-VO dringend nachjustiert werden. Denn Mastercard und Visa umgehen die gesetzliche Gebührenabsenkungen längst, wie eine aktuelle Studie von EuroCommerce belegen soll, die BargeldlosBlog vorliegt. Die verbliebenen nationalen Schemes in der EU – wie das deutsche Girocard-System – haben das Nachsehen, so die Kritik aus den Banken. Doch die Anhörung wird zu nichts führen. Die EU-Kommission ist gedanklich schon einen Schritt weiter – dabei allerdings vermutlich auf einem Holzweg.
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Wir haben uns insbesondere gefragt: (1) Ob Instant Payments wirklich das Allheilmittel auf dem Weg zu einem pan-europäischen Zahlverfahren sind? (2) Was aus dem „Lex Apple Pay“ wurde? (3) Wie es nach PSD1 und PSD2 nun mit Regulierungen aus Brüssel weitergeht.
Einig waren wir uns, soviel darf ich verraten, dass eine europäische Souveränität bei Zahlverfahren absolut wünschenswert wäre – auch angesichts der jüngsten Interventionen von Crazy Insane Trump bei TikTok, WeChat & Co. Und da hatten sich republikanische US- Senatoren noch gar nicht dazu aufgeschwungen, auch den Börsengang der Ant Group „verschieben“ zu wollen. Was die Dringlichkeit von Unabhängigkeitserklärungen seitens Old Europe ja nur nochmals unterstreicht.
Viel Spaß beim Zuhören. Mir war es ein Vergnügen, daher auf diesem Wege nochmals vielen Dank an Jochen und Kilian sowie an das Team von Payment & Banking!
Richtungsweisend: Die EU-Kommission hat ihre „Retail Payments Strategy“ festgelegt.
An diesem Mittwoch wird die EU-Kommission voraussichtlich ihre „Retail Payments Strategy“ vorstellen. Eine Vision, vier Säulen und 17 Maßnahmen („Key actions“) für die kommenden vier Jahre. „Once relegated to the back-office, payments have become stragically significant. They are the lifeblood of th European economy“, heißt es in der programmatischen Einleitung des 27-seitigen Papiers. Es wurde naturgemäß geleakt und liegt dem Recherchenetzwerk von Bargeldlosblog, Wendy und den „drei Fragezeichen Kids“ vor.
Die Kommission blickt darin mit Sorge auf die BigTechs und deren Ambitionen im Payment-Sektor Fuß zu fassen, „they may soon be offering disruptive payment solutions based on encryption and distributed ledger technology (DLT)„. Auch deshalb hat sich Brüssel viel vorgenommen und erwägt etwa eine gesetzlicheVerpflichtung zur Akzeptanz von bargeldlosen Zahlungen, einen EU-Standard für QR-Codes, technische und regulatorische Unterstützungen für pan-europäische Zahlverfahren, ein „Lex Apple Pay Plus“ und vieles mehr.
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Novum: Rabatt für bargeldlose Zahlungen beim Bäcker.
Weil der kleine Tweet mit diesem Bild auf Twitter für meine bescheidene Reichweite so steil ging (388 Likes, 51 Retweets, 22 Antworten/Kommentare an einem Tag; mein Rekord), will ich das Foto den Lesern von BargeldlosBlog auch nicht vorenthalten. Tatort: Hannover HBF. Corona, das muss man dem blöden Virus lassen, treibt die Digitalisierung in vielen Bereichen voran – so zweifelsohne beim Bezahlen an der Ladenkasse und dort auch bei den BMW-Kunden (Bäcker, Metzger, Wirte). Die galten im Vertrieb der Netzbetreiber und Acquirer immer als sehr mühseliges und wenig lukratives Geschäft.
Wie es sich auf Twitter gehört, wurde ich natürlich auch gleich belehrt. Das sei ein Filialbetrieb, den ich bitte nicht als „Bäcker“ bezeichnen sollte. Sei es drum. Ich reibe mir noch immer ungläubig die Augen. 🙂
Kartellknacker: Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts.
Am Mittwoch wird der Präsident des Bundeskartellamts seine Jahresbilanz vorstellen und ich wette meine Girocard (ohne PIN), er wird die Gelegenheit nutzen, um die Verzögerung bei der Verabschiedung der 10. GWB-Novelle zu kritisieren. Das SPD-geführte Justizministerium verweigert dem Referentenentwurf aus dem CDU-geführtem BMWi nun schon seit knapp einem Jahr die Zustimmung in der Ressortabstimmung. Dabei soll die gut vorbereitete Novelle das „Grundgesetz der sozialen Markwirtschaft“ fit für das digitale Zeitalter machen, u.a. mit einem eigenen GAFA-Paragraph (§ 19a GWB), der die stetig wachsende Markmacht der BigTechs einigermaßen bändigen soll. Hintergrund der BMJV-Blockade ist sachfremdes Koalitionsgeschacher. Sandkastenspiele, wie Justus Haucap jüngst kritisierte und selbst der oberste deutsche Verbraucherschützer, Klaus Müller, wird mit dem Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz ungeduldig. Kein Wunder: Allein die epische Schlacht zwischen dem Fortnite-Entwickler Epic Games (Streithelfer: Microsoft) und dem „großen Bruder“ Apple zeigt, wie wichtig und hochspannend kartellrechtliche Ordnungspolitik aktuell ist bzw. wäre. Wir leben in spannenden Zeiten, jeder Tag ist „Day One“ – auch für das GWB.
tl;dr: Das Bundeskartellamt verweigert den Opfern des Girocard-Kartells Akteneinsicht und wurde deshalb nun vom Verwaltungsgericht Köln dazu verurteilt. Die Behörde geht in die Berufung.
And now to something completely different: Zu einem anderen hochspannenden Thema wird Herr Mundt am Mittwoch vermutlich nichts sagen, denn in diesem Fall will sich das Bundeskartellamt seltsamerweise nicht in die Karten schauen lassen. Es geht um das Girocard-Verfahren, Kartellschäden, das Verhältnis von public und private enforcement, das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) sowie um (kartellbedingt überhöhte?) Gebühren für EC-Karten-Zahlungen. Das Kartellamt verweigert Kartellopfern Einsicht in die Akten des Verfahrens gegen die Deutsche Kreditwirtschaft und wurde nun vom Verwaltungsgericht Köln dazu verurteilt. Hier streiten Kartellknacker gegen Kartellknacker.
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