Man kommt ja bekanntlich zu nix, deshalb hier nur fix ein paar Lesetipps. Lesenswertes zu den aktuellen Entwicklungen bei den „Mindestanforderungen an die Sicherheit von Internetzahlungen“ (MaSI), Paydirekt und zu Girocard-Gebühren bzw. der Umsetzung der europäischen Interbankenentgelt-VO.
Zur MaSI-Umsetzung hat das IT-Finanzmagazin ein Interview mit dem Leiter des Referats „IT-Infrastrukturen bei Banken“ der BaFin, Dr. Josef Kokert, geführt. „Wir sind ja nicht die einzigen, die das tun (Anmerk. d. Verf.: die EBA-Leitlinien umsetzen). 23 weitere Staaten in Europa sind schon jetzt dabei, die Sicherheit von Internetzahlungen zu stärken. Lediglich vier Länder werden definitiv auf die Verabschiedung und Umsetzung der PSD II warten“, rechtfertigt Kokert die Umsetzung zum Stichtag 5. November 2015 – bevor mit der PSD II der demokratisch legitimierte Gesetzgeber diese Materie regelt. Interessant auch folgende Aussage aus dem Interview: „Es gibt immer mehr Fälle von Cyberbetrug. Daher besteht ein breiter Konsens, dass One-Click-Verfahren grundsätzlich nicht mehr dem Sicherheitsbedürfnis der Verbraucher entsprechen.“ Das sind gleich zwei steile Thesen in einem Satz „breiter Konsens“, „entspricht dem Sicherheitsbedürfnis der Kunden“. Der Mann ist freilich auch nicht zu beneiden, erfunden wurden die Leitlinien ja nicht in Frankfurt. Mir ist nach wie vor unklar, wie die europäischen Bankaufsichtsbehörden auf die Idee kommen konnten, regulierend in diesen Markt einzugreifen und das auf eine völlig windschiefe Art und Weise. Die Zahlungssicherheit und die (Fraud-)Kosten sind das Problem der Anbieter eines Zahlungssystems. Der Markt regelt, ob es wettbewerbsfähig ist und vom Kunden akzeptiert wird. Eine „starke Kundenauthentifizierung“ und sonstige Auflagen für einige wenige Zahlungsverfahren bringt mehr Wettbewerbsverzerrung als Sicherheitsgewinn. Zumal, wenn einige EU-Länder einen anderen Weg gehen.
Auch zu Paydirekt gibt es ein lesenswertes Interview. Geschäftsführer Niklas Bartelt hat sich in der Oktober-Ausgabe des E-Commerce-Magazins den Fragen der Redaktion gestellt, nachdem man – wie dem Editorial zu entnehmen ist – ein Interview mit einer Pilotbank kurz vor Redaktionsschluss ungeschehen machen wollte. Noch interessanter als das Interview mit dem Paydirekt-Geschäftsführer sind die Kommentare zu Paydirekt von PayPal-Geschäftsführer Arnulf Keese, Payment-Papst Jochen Siegert, Chief Operating Officer von Traxpay, Achim Himmelreich, Partner von Mücke, Sturm & Company und Vizepräsident des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft (BVDW) sowie von meiner Wenigkeit 🙂
Der stets gut und hintergründig informierte Platow-Brief hat einen Brandbrief von DZ Bank Vorstand Thomas Ullrich zu Paydirekt auf den Redaktionsschreibtisch bekommen. Darin schimpft der Bankvorstand über den genossenschaftlichen IT-Dienstleister Fiducia GAD. Er zeigt sich „sehr irritiert über die Qualität der Leistungen und die intransparente, zum Teil sogar fehlende Kommunikation zu entscheidenden Sachverhalten“. Die Aufschaltung der Pilotbanken habe sich verzögert und die Schwere der dabei aufgetretenen Fehler wurde sehr spät von der Fiducia GAD kommuniziert, beklagt Ullrich. Platow zitiert weiter: „Es entsteht der Eindruck, dass Paydirekt bei der Fiducia keine hohe Priorität hat“, so der DZ Bank-Vorstand. Auch von Paydirekt-Mitarbeitern sei zu hören, so Ullrich, dass sie „einen derartigen Pilotstart von einem Verbund-Dienstleister nicht erwartet“ hätten.
Girocard-Gebühren: Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, wurde am 1. Oktober das Gesetz mit dem schönen Namen „Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie“ in dritter Lesung vom Bundestag verabschiedet (BT-Drs. 18/6220). An das Gesetz hat man in den Art. 23 ff. schnell noch die Umsetzung der europäischen Interbankenentgelt–Verordung angedockt.
Danach gilt nun eine Obergrenze von 0,2 Prozent vom Umsatz als Interbankenentgelt für die deutsche Girocard ab dem Stichtag 9. Dezember 2015. Eine nationale Option wurde nicht gezogen. Die BaFin ist die zuständige Aufsichtsbehörde für die Umsetzung der VO. Was unter dem „Interbankentgelt“ zu verstehen ist, dazu gibt es eine dreiseitige Klarstellung des BMF, die BargeldlosBlog vorliegt. EC-Cash-Netzbetreiber dürfen demnach – kurzgefasst – ein Service-Entgelt erheben, der Rest ist Interbankenentgelt. Das Kartellamt hat inzwischen ein Verfahren eingeleitet, ob unterhalb der 0,2 Prozent-Grenze denn auch verhandelt wird. Bekanntlich beharren die Bonner Beamten auf bilateralen Entgeltverhandlungen, der europäischen Regulierung zum Trotz.
In der Bundestagsdebatte zur Transparanzrichtlinien-Änderungsrichtlinie wurden übrigens mehr Sätze über die ebenfalls angedockten Änderungen im „Versicherungsteuergesetz“ verloren, als über die Girocard-Gebühren. Es ging dabei um Steuerprivilegien für so genannte Schiffserlöspools, rund 1.500 deutsche Schiffe sind davon betroffen. Satirereif.
Update 2. November 2015: Die Bafin hat inzwischen FAQ zur MaSIn veröffentlicht.
Zur MaSI Umsetzung:
Wie gut, dass die Zahlung per Lastschrift von MaSI nicht betroffen ist, wenn bei deren Mandatserteilung kein nach ZAG regulierter Zahlungsdienstleister (PSP) beteiligt ist (vgl. BaFinJournal, Mai 2015). Zwei Faktoren für eine Lastschrift wären ein massiver Eingriff in die User Experience.
Interessant zu wissen wäre, ab wann ein PSP „beteiligt“ ist. Reicht es aus, wenn der PSP die Lastschrift vom Händlerkonto zieht, also nicht als PSP sondern als Zahlungsinitiator agiert? Das wird wohl die Verwaltungspraxis zeigen müssen, da die PSP hierzu nicht aktiv die BaFin befragen, aus Angst vor einer negativen Antwort. Sollten die PSP die Lastschriften kurzfristig noch vor Weihnachten einstellen müssen, bekommt der Handel ein massives Problem.