Read this first: Metro & Co. verklagen Mastercard auf Schadenersatz. (Quelle: www.derhandel.de)
Die Klage von Metro, Deutsche Bahn, Inditex & Co. mag älteren Datums sein, an Brisanz verliert sie deshalb nicht. Es geht um die Interchange-Gebühren in den Jahren 1992 bis 2007 und vermutlich (?!) nur um die crossborder-Transaktionen. Ein Näherungsversuch:
Zur Höhe des in Rede stehenden Schadensersatzes will sich keiner äußern. Nehmen wir mal nur die Metro und gehen von 5 Prozent Kreditkartenumsatz vom Gesamtumsatz der Düsseldorfer in diesen Jahren aus (im Ausland dürfte der Kartenanteil deutlich höher sein, als im Inland). Davon geht rund 1 Prozent für die Interchange fee ab (durchschnittliches Interbankenentgelt in Deutschland 2013: 1,2 Prozent; für die Metro nehmen wir der Einfachheit halber mal 1 Prozent, die können gut verhandeln und rechnen).
Wenn wir – ebenfalls der Einfachheit halber – von einem grob geschätzten und dann gemittelten Jahresumsatz von 50 Milliarden Euro (2013: 65 Mrd.; 2001: 49 Mrd.) in den relevanten Märkten in diesen Jahren ausgehen, dann heißt das: 25 Millionen pro Jahr x 15 Jahre = 375 Millionen Euro.
Das wäre allerdings die vollständige Summe für die in diesen Jahren gezahlte MIF, der Anteil der crossborder-Transaktionen dürfte nur ein Bruchteil davon sein – vielleicht 2 Prozent, was 7,5 Millionen Euro bedeuten würde. Immer noch ein hübsches Sümmchen. Warum man darauf verzichten will, müsste man den Aktionären jedenfalls erklären können. 7,5 Millionen Euro allein für den Case Metro scheint mir ebenso grob, wie großzügig konservativ geschätzt.
Und was heißt hier bitte „crossborder“? Ist für die Metro/Inditex-Gruppe jede Kartenzahlung eine grenzüberschreitende, wenn sie außerhalb von Deutschland bzw. Spanien erfolgte oder ist sie nur grenzüberschreitend, wenn der Kunde am POS mit einer „ausländischen“ Karte bezahlt hat? Gab es nach 2008 (SEPA) noch „grenzüberschreitende“ Kartentransaktionen im SEPA-Raum? Im Übrigen bewertet der EuGH ja nicht nur die crossborder MIF, sondern das System der MIF als solches für rechtswidrig.
Da Mastercard beim Verfahren gegen die EU-Kommission vor dem Europäischen Gericht erster Instanz in allen Punkten und mit Bausch und Bogen unterlegen ist, wäre es eine ziemliche Überraschung, wenn die übergeordnete Instanz den Fall anderes bewerten sollte.
Update 30.1.2014: Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof hat dem Gericht heute in seinem Vorschlag empfohlen, die Beschwerde von Mastercard gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen. In aller Regel folgt das Gericht dem Vorschlag des Generalanwalts.
Ein ausführlicher Artikel zur drohenden Gerichtsschlappe und dem aktuellen Stand der Diskussion im EU-Parlament zur Regulierungsverordnung findet sich hier. Die offizielle Seite des EU-Parlaments mit den Terminen und Dokumenten zur Interchange-Verodnung findet sich hier.
Ein Dokument, in Word kopiert 66 Seiten lang, binnen weniger Minuten auf vier Zeilen zusammenzufassen, das ist eine journalistische Meisterleistung und das schafft nur Hanno Bender! Respekt!
„In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister“, wie schon Goethe einst so trefflich formulierte 😉
Entscheidend waren die letzten Sätze vor dem Fußnotenappart:
„On the basis of the foregoing considerations, I propose that the Court should:
1) Dismiss the main appeal and the cross-appeals; …“